BFH, Urteil vom 14.6.2016, Aktenzeichen IX R 22/15
BFH, Urteil vom 14.6.2016, Aktenzeichen IX R 25/14
BFH, Urteil vom 14.6.2016, Aktenzeichen IX R 15/15
Aufwendungen für die Anschaffung oder die Herstellung eines Gebäudes können nur verteilt über die Gebäudenutzungsdauer als Abschreibungen steuerlich geltend gemacht werden. Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, also bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird, sind als sogenannte Erhaltungsaufwendungen grundsätzlich im Zeitpunkt der Verausgabung sofort und vollständig steuerlich abzugsfähig.
Hiervon abweichend regelt § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG, dass Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen ausnahmsweise als Herstellungskosten anzusehen sind, wenn die Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Gebäudeanschaffung durchgeführt werden und die Aufwendungen exklusive der Umsatzsteuer 15% der Gebäudeanschaffungskosten übersteigen. Diese sogenannten anschaffungsnahen Herstellungskosten können wie originäre Anschaffungskosten nur im Rahmen von Abschreibungen steuerlich geltend gemacht werden.
Mit drei Urteilen vom 14.6.2016 hat der BFH zur Auslegung des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten Stellung bezogen. Bis dato vertrat der BFH die Auffassung, dass Schönheitsreparaturen (z.B. Renovierungsarbeiten) keine Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG darstellen und somit auch grundsätzlich keine anschaffungsnahen Herstellungskosten begründen konnten. Eine Ausnahme hiervon war nur dann einschlägig, wenn die Schönheitsreparaturen in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen standen. In diesem Fall fasste der BFH die Einzelmaßnahmen zu einer einheitlichen Baumaßnahme zusammen, die in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG fallen konnte.
Diese Rechtsauffassung ist durch die aktuellen BFH-Urteile überholt. Nunmehr gelten Schönheitsreparaturen stets als Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die unter Beachtung der weiteren Tatbestandsmerkmale anschaffungsnahe Herstellungskosten begründen können. Insoweit wird der sachliche Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG erweitert.
Des Weiteren stellt der BFH mit seinen aktuellen Urteilen fest, dass die handelsrechtliche Einordnung von Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen für die Frage, ob anschaffungsnahe Herstellungskosten vorliegen, unerheblich ist. Im Ergebnis können durchaus handelsrechtliche Anschaffungskosten (z.B: Herstellung der Betriebsbereitschaft) für steuerliche Zwecke als anschaffungsnahe Herstellungskosten einzuordnen sein. Diese feinsinnige Differenzierung zwischen Handels- und Steuerrecht ist insbesondere für die Berechnung relevant, ob die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen 15% der Netto-Gebäudeanschaffungskosten überschreiten.
Der BFH argumentiert, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG der gesetzgeberischen Intention entspricht, eine typisierende Regelung zu schaffen. Aus Gründen einer rechtssicheren und einfachen Regelung sei es deswegen gerechtfertigt, nur auf den typischen, anhand der Tatbestandsmerkmale definierten Regelfall und nicht etwa auf den konkreten Einzelfall abzustellen.
Für den Steuerpflichtigen sind die Feststellungen des BFH nachteilig, da sich die Notwendigkeit erhöht, potentielle Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen vor dem Hintergrund der anschaffungsnahen Herstellungskosten zu analysieren. Die Analyse sollte der Zielsetzung folgen, steuerliche Falschdeklarationen aus Gründen einer verlässlichen Liquiditätsplanung zu vermeiden und mögliche Ausnahmetatbestände des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten aufzudecken.
Für Rückfragen steht Ihnen das Steuerbüro Krauß gerne zur Verfügung.